Spielerisch Programmieren lernen – Aufbau fundamentaler Ideen der Informatik mit erziehungsorientierten Programmiersprachen
Teilprojekt 7 | Dr. Axel M. Blessing
Ausgangslage
Während in anderen Ländern informatisch-algorithmische Inhalte wie das Programmieren bereits Bestandteil der grundschulischen Bildung sind, wurde die öffentliche Diskussion in Deutschland darüber erst (wieder) begonnen (vgl. bspw. Frei 2015) – und das, obwohl die Thematik in der Informatikdidaktik schon länger erforscht wird (vgl. bspw. Romeike & Reichert 2011 oder Romeike 2007). Ein Blick auf die Forschungsergebnisse zeigt, dass sich Grundlagen der Programmierung altersgerecht mit sogenannten erziehungsorientierten Programmiersprachen lehren und lernen lassen (Döbeli Honneger & Muuß-Merholz 2014).
Betrachtet man die aktuelle Situation an Grundschulen in Deutschland, so lässt sich konstatieren, dass es weder ein Curriculum noch ein Schulfach Informatik an der Grundschule gibt, noch ein dazu passendes Hochschulstudium. Weiterhin kann davon ausgegangen werden, dass sowohl die aktiven Grundschullehrer_innen wie auch die derzeit das Grundschullehramt Studierenden keine ausgewiesene Expertise im informatisch-algorithmischen Bereich besitzen.
Um diesen Widerspruch aufzulösen, bietet es sich an, informatisch-algorithmische Inhalte in geeignete Projekte zu verpacken und diese von Studierenden bzw. Lehrer_innen selbst durchführen zu lassen, bevor sie letztlich im Unterricht mit Schüler_innen durchgeführt werden.
Seminar »Lass die Ente fliegen«
Im Sommersemester 2017 fand an der PH Schwäbisch Gmünd das Seminar »Lass die Ente fliegen! Kindgerechtes und kinderleichtes Programmieren am iPad« statt, an dem 25 Studierende teilnahmen. Während der ersten Semesterhälfte wurden zum einen die theoretischen Grundlagen behandelt, zum anderen konnten sich die Studierenden mit den Inhalten Makey Makey, ScratchJr und LEGO Education WeDo 2.0 auseinandersetzen. In der zweiten Hälfte des Semesters wurde von 20 Studierenden Unterricht in der Klasse 4b der Klösterleschule Schwäbisch Gmünd durchgeführt. Jeweils vier Studierende waren für eine Doppelstunde verantwortlich; zwei hielten den Unterricht und zwei kümmerten sich um die Aufzeichnung des Unterrichtsgeschehens. Im Einzelnen fanden statt:
- Zwei Doppelstunden zu Makey Makey mit jeweils der halben Klasse
- Eine Doppelstunde zu ScratchJr
- Zwei Doppelstunden zu LEGO Education WeDo 2.0
Betrachtet wurden bei den Unterrichtsstunden einerseits die Studierenden; deren Einschätzungen werden weiter unten ausführlich dargestellt. Andererseits ging es aber auch darum, die Wirkung der verwendeten Produkte auf die Schüler_innen zu beobachten.
Aufgrund der Beobachtungen der Studierenden und des Teilprojektleiters kann grundsätzlich festgehalten werden, dass die Schüler_innen mit allen drei Produkten gut zurechtkamen und die gestellten Aufgaben mit viel Motivation und Spaß an der Sache angingen, auch wenn aufgrund des Settings keine formale Leistungsfeststellung durchgeführt wurde.
Es zeigte sich, dass die Schüler_innen durch die handlungsorientierte Beschäftigung mit Hard- und Software einige Begrifflichkeiten kennenlernen und praktische Erfahrungen beim Erstellen erster, einfacher Programme erwerben konnten. Bei der Beschäftigung mit LEGO Education WeDo 2.0 war besonders hilfreich, dass sie die Auswirkung ihrer Programmierung unmittelbar an der Reaktion des gesteuerten Objekts beobachten konnten.
Rückmeldungen der Studierenden
Zu Beginn des Wintersemesters 2017/18 fand ein Nachtreffen zum Seminar statt. Als Vorbereitung dazu sollten die Studierenden Fragen zur Videografie beantworten. Die Zusammenfassung der Antworten ist nachfolgend wiedergegeben.
Nutzen der Videografie: Die Videografie wird von den Studierenden einhellig als nützlich erachtet. Sie erleichtert die Reflexion hinsichtlich des eigenen Auftretens (Mimik, Gestik, Körpersprache, Aussprache, Formulierungen usw.), des Schüler_innenverhaltens (bspw. Nachlassen der Aufmerksamkeit) sowie des eigenen Umgangs mit den Schüler_innen. Die Videografie schärft den Blick für das Wesentliche. Sie ermöglicht es, hektische Situationen noch einmal in Ruhe anzusehen und über mögliche Alternativen nachzudenken. Sofern die Videografie in allen Praktika eingesetzt wird, kann sie im Sinne eines Portfolios die eigene Entwicklung im Laufe der Zeit dokumentieren.
Stören die Kameras? Die Unterrichtenden berichten übereinstimmend, dass sie von den Kameras (und Mikrofonen) nur zu Beginn der Stunden irritiert waren. Später sind sie so sehr mit der Durchführung des Unterrichts beschäftigt, dass sie die Kameras nicht mehr wahrnehmen. Ein Student schreibt, »Ich hatte schlichtweg keine Zeit, mich auf die Kameras zu konzentrieren.«
Eine analoge Sichtweise wird auch hinsichtlich einer möglichen Abgelenktheit der Schüler_innen genannt. Zwar ist in den Aufzeichnungen vereinzelt zu beobachten, dass die Schüler_innen in die Kameras winken, dies reduziert sich bei näherer Betrachtung jedoch auf solche Momente, in denen sich die Kameras bewegen.
Literatur
Döbeli Honegger, Beat & Jöran Muuß-Merholz (2014). Computer be-greifen! – Informatik-Unterricht ab der Grundschule, in: c’t 14/2014, S. 106–108.
<http://beat.doebe.li/publications/2014-doebeli-honegger-muuss-merholz-computer-be-greifen.pdf>
Frei, Karsten (2015). Digitale Kenntnisse in Lehrplänen. Regierung: Grundschüler sollen Programmieren lernen, in: Neue Osnabrücker Zeitung vom 02.01.2015.
<http://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/534510/regierung-grundschuler-sollen-programmieren-lernen>
Romeike, Ralf (2007). Animationen und Spiele gestalten – Ein kreativer Einstieg in die Informatik. In: LOG IN Zeitschrift für informatische Bildung und Computer in der Schule 2007, S. 146–147.
Romeike, Ralf & Dominik Reichert (2011). PicoCrickets als Zugang zur Informatik in der Grundschule. In: Thomas, M. (Ed.): Informatik in Bildung und Beruf (GI-Fachtagung „Informatik und Schule 2011“, Münster). Bonn: Köllen, S. 177–186, Lecture Notes in Informatics (LNI).