Freitag, 18.Juni 2021 – Symposium P3DiG – Zeitschiene 2 

Digitale Grundbildung aus Sicht von angehenden Grundschullehrkräften – Bedeutung, Zutrauen und Verbesserungsbedarfe (FAU Erlangen-Nürnberg: Melanie Stephan, Sabine Martschinke, Rudolf Kammerl, Mareike Thumel)

Digitale Bildung ist noch immer kein fest etablierter Bestandteil der Lehrer/innenbildung in Deutschland (Brinkmann/Scholz/Rischke 2018). Bundesland, Hochschule, Lehramtstyp und Fächerkombination entscheiden darüber, in welchem Umfang die zukünftigen Lehrer/innen die im Strategiepapier „Bildung in der digitalen Welt“ von der Kultusministerkonferenz (2017) veröffentlichten Kompetenzbereiche vermittelt bekommen. Die vorzustellenden Ergebnisse einer quantitativen Onlinebefragung bilden den aktuellen Stand der Professionalisierung in Bezug auf eine digitale Grundbildung angehender Grundschullehrkräfte in Deutschland ab. Dabei wird die Frage geklärt, welche intra- und extrapersonalen Bedingungskonstellationen in Bezug auf das Lernen und Lehren mit und über digitale Medien unterstützen oder hemmen.

Die Erhebung wurde mit bereits getesteten Instrumenten (u.a. TPACK Endberg 2019, medienbezogene Einstellungen Vogelsang/Finger/Laumann/Thyssen 2019, medienbezogene emotionale Aspekte Baumert u. a. 2008) sowie mit selbstentwickelten Skalen (u. a. Wichtigkeit, Zutrauen und Unterstützungsbedarfe der KMK-Kompetenzbereiche) bzw. Einzelitems durchgeführt. Die Reliabilität der Skalen (zwischen α = .59 und α = .88) erwies sich als ausreichend.

Das Gesamtsample (Alter M = 27.11, SD = 6.15) von 540 angehenden Grundschullehrkräften (studierte Semester M = 8.44; SD = 2.97, 61,6 % Lehramtsanwärter/innen und 38,4 % Lehramtsstudierende) umfasst einen für das Grundschullehramt gewöhnlich hohen Anteil an Frauen (91,4 %).

Die Ergebnisse der Studie geben bezogen auf das Lehren und Lernen mit und über digitale Medien Aufschluss über das selbsteingeschätzte Zutrauen, die beigemessene Wichtigkeit aber auch die notwendigen Unterstützungsbedarfe der künftigen Grundschullehramtsstudierenden. Aufzuklären ist, welche intrapersonalen (Einstellungen, Emotionen, Medienbiografie) aber auch exogenen (technische Ausstattung, Unterstützungs- und Lehrangebot) Bedingungskonstellationen zu einer angemessenen digitalen Grundbildung in der ersten und zweiten Lehrerbildungsphase beitragen.

Ableitungen für die Lehrerqualifizierung sollen vorgestellt und diskutiert werden.

Literaturverzeichnis:

Baumert, Jürgen/Blum, Werner/Brunner, Martin/Dubberke, Thamar/Jordan, Alexander/Klusmann, Uta/Krauß, Stefan/Kunter, Mareike/Löwen, Katrin/Neubrand, Miachel/Tsai, Yi-Miau (2008). Professionswissen von Lehrkräften, kognitiv aktivierender Mathematikunterricht und die Entwicklung von mathematischer Kompetenz (COACTIV). Dokumentation der Erhebungsinstrumente. Berlin: Max-Planck-Inst. für Bildungsforschung.

Brinkmann, Bianca/Scholz, Christina/Rischke, Melanie (2018). Lehramtsstudium in der digitalen Welt – Professionelle Vorbereitung auf den Unterricht mit digitalen Medien?! Eine Sonderpublikation aus dem Projekt »Monitor Lehrerbildung«. Gütersloh. https://www.monitor-lehrerbildung.de/export/sites/default/.content/Downloads/Broschuere_Lehrerbildung-in-der-digitalen-Welt.pdf [Zugriff: 30.07.2019].

Endberg, Manuela (2019). Professionswissen von Lehrpersonen der Sekundarstufe I zum Einsatz digitaler Medien im Unterricht. Eine Untersuchung auf Basis einer repräsentativen Lehrerbefragung.

Kultusministerkonferenz (2017). Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 08.12.2016 in der Fassung vom 07.12.2017. Berlin. https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/veroeffentlichungen_beschluesse/2018/Strategie_Bildung_in_der_digitalen_Welt_idF._vom_07.12.2017.pdf [Zugriff: 7.05.2020].

Vogelsang, Christoph/Finger, Alexander/Laumann, Daniel/Thyssen, Christoph (2019). Vorerfahrungen, Einstellungen und motivationale Orientierungen als mögliche Einflussfaktoren auf den Einsatz digitaler Werkzeuge im naturwissenschaftlichen Unterricht. In: Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften 3/2019.

Ist Schule allein in der digitalen Bildung im Grundschulalter?

Digitale Bildung außerhalb der Schule und Gelingensbedingungen für die Zusammenarbeit mit außerschulischen Partner*innen (Mareike Thumel, FAU Erlangen-Nürnberg; Senta Pfaff-Rüdiger & Niels Brüggen, JFF München)

Selten werden die unterschiedlichen Kontexte, in denen Grundschulkinder mit Bildungsangeboten zu und mit digitalen Medien in Berührung kommen, übergreifend betrachtet. Medienbildung findet entlang der Bildungskette (Eickelmann/Aufenanger/Herzig 2014)statt. Im Sinne einer vertikalen Verzahnung greifen Schule und verschiedenen formale (Bildungsinstitutionen), non-formale (außerschulische Lerngelegenheiten) und informelle (Familie, Peers) Kontexte ineinander (ebd., S. 4), ebenso wie horizontal betrachtet, die Bildungsbiographie in den Mittelpunkt rückt und insbesondere Übergänge im Bildungssystem berücksichtigt werden müssen (ebd.).

In diesem Sinne fokussiert der vorgeschlagene Beitrag in Kenntnis der Tatsache, dass Bildung ein biographischer Prozess ist, der sich übergreifend über verschiedene Kontexte entfaltet, auf die außerschulische Bildungsarbeit und vornehmlich auf die mittlere Kindheit. Er beantwortet die Fragen, inwiefern und mit welchen Schwerpunkten eine digitale Bildung im Grundschulalter durch das medienpädagogische Handeln von Fachkräften in Kindergärten vorbereitet und durch das Handeln von Fachkräften in Horten und von Angeboten in formellen Bildungsprozessen in non-formalen Settings ergänzt wird. Der Fokus liegt erstens auf den inhaltlichen und methodischen Schwerpunkten in den außerschulischen Bildungskontexten sowie auf Gelingensbedingungen für eine sinnvolle Zusammenarbeit zwischen schulischen und außerschulischen PartnerInnen in der digitalen Bildung.

Grundlage ist die Zusammenführung von qualitativ sekundäranalytisch ausgewählten Daten aus dem MoFam-Projekt (Schubert u. a. 2018a; Schubert u. a. 2018b) mit 86 ErzieherInnen aus 10 Kindertageseinrichtungen und 11 Horten mit den inhaltsanalytischen Ergebnissen aus 31 Interviews mit Akteurinnen und Akteuren der außerschulischen Bildung. Auf Basis der übergreifenden Auswertung werden Ansprüche, Erwartungen, Haltungen, aber auch Kompetenzen sowie das medienpädagogische Handeln der außerschulischen Fachkräfte vorgestellt und diskutiert und in Bezug zu strukturellen Rahmenbedingungen gesetzt, die sich auch für die Zusammenarbeit von Schule und außerschulischen Akteurinnen und Akteuren relevant zeigen. Gezeigt werden kann auch, wie sich das Primat des Pädagogischen aus Sicht von außerschulischen Akteurinnen und Akteuren in ihrer Arbeit niederschlägt.

Literatur:

Eickelmann, Birgit/Aufenanger, Stefan/Herzig, Bardo (2014). Medienbildung entlang der Bildungskette. Ein Rahmenkonzept für eine subjektorientierte Förderung von Medienkompetenz im Bildungsverlauf von Kindern und Jugendlichen. https://www.telekom-stiftung.de/sites/default/files/files/media/publications/buch_medienbildung.bildungskette_end.pdf [Zugriff: 13.11.2018].

Schubert, Gisela/Brüggen, Niels/Oberlinner, Andreas/Eggert, Susanne/Valerie, Joachim (2018a). Haltungen von pädagogischem Personal zu mobilen Medien, Internet und digitalen Spielen in Kindertageseinrichtungen. Bericht der Teilstudie „Mobile Medien und Internet im Kindesalter – Fokus auf Kindertageseinrichtungen“. München: JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis. www.jff.de/mofam [Zugriff: 25.06.2019].

Schubert, Gisela/Eggert, Susanne/Lohr, Anna/Oberlinner, Andreas/Jochim, Valerie/Brüggen, Niels (2018b). Digitale Medien in Kindertageseinrichtungen: Medienerzieherisches Handeln und Erziehungspartnerschaften. Perspektiven des pädagogischen Personals. Zweiter Bericht der Teilstudie „Mobile Medien und Internet im Kindesalter – Fokus Kindertageseinrichtungen im Rahmen von MoFam – Mobile Medien in der Familie.

Gelingensbedingungen der Professionalisierung von angehenden Grundschullehrkräften in der 2. Phase: Perspektiven von Seminarlehrbeauftragten und Lehramtsanwärter_innen. (PH Schwäbisch Gmünd: Carina Ruber, Kristin Taust)

Grundschullehrkräfte stehen vor der Herausforderung, digitale Bildungsinhalte altersgerecht in ihren Unterricht zu integrieren (vgl. Irion 2020; BMBF 2016; KMK 2016).

Eine besondere Rolle in der Lehrerbildungskette kommt der an der Schnittstelle Theorie und Praxis angesiedelten Ausbildung in der zweiten Phase – nach dem Studium an der Hochschule – zu (vgl. Schiefner-Rohs 2015).

In dieser Teilstudie des P3DiG Projekts werden auf der Grundlage von qualitativen Befragungen von Lehramtsanwärter_innen und Seminarlehrbeauftragten/-leitungen Gelingensbedingungen für diese Prozesse identifiziert.

Die Studie orientiert sich dabei an den Professionsverständissen nach Baumert & Kunter (2006) und Mishra & Koehler (2006), legt dabei aber den Fokus auf die subjektiven Wahrnehmungen der Akteure und Akteurinnen, um die Komplexität der Handlungsbedingungen bei der Professionalisierung zu rekonstruieren.

In Teilstudie A wurden die Perspektiven von Seminarlehrbeauftragten/-leitungen im Rahmen von sechs Gruppendiskussionen erhoben. Diese werden mittels qualitativer Inhaltsanalyse entlang eines deduktiv und induktiv gebildeten Kategoriensystems ausgewertet. Aus den Gruppendiskussionen wird deutlich, dass insbesondere personale Bedingungen, institutionelle Bedingungen und entsprechende Lehrkompetenzen im Rahmen der Professionalisierung angehender Grundschullehrkräfte in einer zunehmend digitalisierten Welt eine zentrale Rolle einnehmen.

In Teilstudie B wurden im Rahmen einer Grounded Theory Studie in drei Erhebungszeiträumen Einzelinterviews mit Lehramtsanwärter_innen durchgeführt. Das aus den Daten entwickelte paradigmatische Modell zeigt Handlungsbedingungen und Perspektiven angehender Grundschullehrkräfte bei der Umsetzung digitaler Unterrichtszenarien in der Grundschule auf.

Im Beitrag werden die eingesetzten Methoden, ausgewählte Ergebnisse und die Verzahnung beider Teilstudien präsentiert und diskutiert.

Literatur:

Baumert, J., Kunter M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 (4), S.469-520.

Bundesministerium für Bildung und Forschung (2016). Bildungsoffensive für die digitale Wissensgesellschaft: Strategie des Bundesministeriums für Bildung und Forschung.

Irion, T. (2020). Digitale Grundbildung in der Grundschule. Grundlegende Bildung in der digital geprägten und gestaltbaren, mediatisierten Welt. In: Thumel, M., Kammerl, R. & Irion, T.  (Hrsg.). Digitale Bildung im Grundschulalter. Grunsatzfragen zum Primat des Pädagogischen. München: kopaed, S.49-81.

KMK – Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (2016). Bildung in der digitalen Welt. Strategie der Kultusministerkonferenz.

Mishra, P. & Koehler, M. (2006). Technological pedagogical content knowledge: a framework for teacher knowledge. The Teachers College Record, 108(6), 1017-1054.

Schiefner-Rohs, M. (2015): Lehrerbildung und digitale Medien. Herausforderungen entlang der Lehrerbildungskette. In: Schiefner-Rohs, M., Gómez Tutor, C., Menzer, C. (Hrsg.): Lehrer.Bildung.Medien. Herausforderungen für die Entwicklung und Gestaltung von Schule. Baltmannsweiler: Schneider Verlag Hohengehren, S.119-128.